Psychologie – Gibst du mir, gebe ich dir

Die Bereitschaft von Kindern, zu teilen, verrät viel über ihre soziale und kognitive Entwicklung. Erst mit fünf Jahren unterscheiden sie beim Teilen, ob ein anderer mit ihnen befreundet ist oder nicht.

Beim Teilen macht es einen großen Unterschied, ob ein Kind drei, vier oder fünf Jahre alt ist. „Für die Entwicklung unseres sozialen Verhaltens sind die Kindergartenjahre entscheidend“, sagt Professor Markus Paulus von der Fakultät für Psychologie und Pädagogik an der LMU. In einer Studie mit Kindergartenkindern hat er erstmals untersucht, wie sich in der frühen Kindheit die Erwartungen über das Teilen und die eigene Bereitschaft, zu teilen, entwickeln. Darüber berichtet er in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Developmental Psychology.

„Unsere Erwartungen darüber, ob sich jemand sozial verhält, spielen für unsere zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle. Wir passen unser eigenes Verhalten an, je nachdem, ob wir von anderen Hilfe erwarten oder nicht. Doch bislang war wenig darüber bekannt, wie sich diese Erwartungen bei Kindern entwickeln“, sagt Paulus.

Glaube an den guten Willen des Gegenübers

Die Studie wurde in drei Kindergärten im Kreis Landsberg am Lech erhoben. In dem Experiment mit drei-, vier- und fünfjährigen Kindern bekamen die Kinder zwei Aufgaben in einer Art Rollenspiel. Zuerst sollten sie einschätzen, wie sich ein Dritter beim Teilen verhalten würde. In einer zweiten Aufgabe sollten sie selbst Spielzeug teilen. In beiden Aufgaben ging es darum, sowohl mit Menschen zu teilen, die man mochte, als mit solchen, die man weniger mochte.

Dreijährige Kinder machten keinen Unterschied, wer beim Teilen etwas erhielt, ob sie also jemanden bedachten, mit dem sie befreundet oder nicht befreundet waren. Sie verhielten sich meistens sozial und erwarteten dies auch von anderen. „Dreijährige scheinen darauf zu vertrauen, dass sich ihr Gegenüber sozial verhält. Dieses Vertrauen in den guten Willen des Gegenübers könnte die Grundlage dafür sein, dass sie Beziehungen aufbauen können und bereit sind, Hilfe zu holen, wenn es nötig ist. Es könnte auch ein Anzeichen dafür sein, dass sie bereits gelernt haben, welche sozialen Normen das Miteinander bestimmen“, sagt Paulus.

Vier- und Fünfjährige dagegen teilten mehr mit jemandem, den sie mochten, als mit jemandem, den sie nicht mochte. Zugleich erwarteten sie, dass der Gebende beim Teilen darauf achtet, wen er mag oder nicht mag. Doch erst bei den Fünfjährigen gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen der Erwartung, wie andere teilen, und der eigenen Bereitschaft, zu teilen. Die Kinder, die selbst viel teilten, erwarteten auch von anderen, dass sie häufig teilen. „Mit fünf Jahren haben Kinder offenbar gelernt, wie man sich beim Teilen anderen gegenüber verhält. Dies könnte daran liegen, dass sie in diesem Alter bereits die Fähigkeit haben, zu erfassen, wie ein Anderer über eine Situation urteilt und daraufhin handelt“, sagt Paulus. Sie haben offenbar zudem bereits eine klare Vorstellung von Freundschaft erworben und davon, wie man sich als Freund verhält.

Publikation: Markus Paulus; Chris Moore:
The development of recipient-dependent sharing behavior and sharing expectations in preschool children. In: Developmental Psychology, Vol 50(3), Mar 2014, 914-921.
doi: 10.1037/a0034169

Ansprechpartner:  Prof. Dr. Markus Paulus E-Mail: markus.paulus@lmu.de
Tel: 089/2180-5150

Der Artikel stammt von  Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München aus: http://idw-online.de/de/news576194

Stress stört Hormon-Stoffwechsel

Depression, Übergewicht und Libidoverlust drohen  

Stress steigert die Leistungsfähigkeit und hilft dem Körper, Höchstleistungen zu erbringen. Schädlich wird Stress allerdings, wenn er zum Dauerzustand wird. Welche Hormone dabei eine entscheidende Rolle spielen, wie sie eigene Kreisläufe in Gang setzen und wie man die Symptome von chronischem Stress behandeln kann, diskutieren Mediziner auf dem 57. Symposium der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in Dresden.

Erhöhte Aufmerksamkeit, ein angeregter Herz-Kreislauf aber auch Herzrasen und feuchte Hände sind Symptome von „normalem“ Stress, die jeder kennt. Sie sind Folge einer erhöhten Aktivität der wichtigsten Stresshormonachse, der sogenannten HPA-Achse. Sie reicht vom Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns, über die Hirnanhangsdrüse bis zu den Nebennieren und schüttet die Hormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus.

Folgt jedoch keine ausreichende Entspannung, kann es durch die dauernde Alarmbereitschaft des Körpers zu chronischem Stress kommen und damit zu einer Erschöpfung und Überlastung. „Und das kann viele schädliche Auswirkungen haben“, sagt Professor Dr. med. Günter Stalla, Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München, und Sprecher der DGE-Sektion Neuroendokrinologie. Etwa für das Immunsystem, indem die Aktivität der Killerzellen abnimmt. Ein möglicher negativer Effekt auf das kardiovaskuläre System ist die Entstehung von Bluthochdruck. Auch das Nervensystem kann leiden, mit Schlafstörungen und Depressionen als Folge. „Außerdem kommt es bei einer chronisch aktivierten HPA-Achse zu einer Unterdrückung anderer Hormone, wodurch die Fettmasse im Körper zu- und die Muskelmasse abnimmt“, sagt Professor Stalla. Möglich sind auch eine hormonell bedingte Unterfunktion der Hoden und daraus resultierende sexuelle Störungen und ein Nachlassen der Libido, also der Lust auf Sex.

„Durch diese Veränderungen des Hormonsystems, die durcheinander geratenen Regelkreise und die Begleiterkrankungen, entsteht ein sich ständig verstärkender Teufelskreis“, sagt Professor Dr. med. Stefan R. Bornstein, Direktor am Universitätsklinikum Dresden und Tagungspräsident des 57. DGE-Symposiums. „Wie kein anderes medizinisches Fach beschäftigt sich deshalb die Endokrinologie mit dem Thema Stress. Unsere Aufgabe ist es, mehr über die beteiligten Regulationssysteme herauszufinden und dadurch neue Ansatzpunkte für Therapien zu entdecken.“ Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Mediensprecher der DGE aus Bochum, ergänzt: „Auch wenn für viele Menschen im Berufsleben zu erbringende Höchstleitungen und permanente Erreichbarkeit zum Alltag gehören, sollte ein jeder aufmerksam auf Anzeichen von Dauerstress achten, für Ausgleich sorgen und gegebenenfalls auch einen Endokrinologen zu Rate ziehen.“

Mögliche Symptome für chronischen Stress sind:

  • Nervosität, Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Depressionen
  • Hörsturz, Tinnitus
  • höhere Anfälligkeit für Infektionskrankheiten
  • Zunahme von bösartigen Krankheiten
  • verzögerte Wundheilung
  • Bluthochdruck
  • höheres Herzinfarktrisiko
  • Zunahme der Fett- und Abnahme der Muskelmasse
  • sexuelle Störungen

Mögliche Mittel gegen chronischen Stress:

  • „Entschleunigen“, sich weniger vornehmen
  • Entspannungsübungen
  • ausreichende Bewegung, Sport (zum Beispiel Laufen, Radfahren, Schwimmen, Gymnastik)
  • Hobbys und soziale Kontakte pflegen
  • Musik hören, Lesen
  • gesunde Ernährung
  • Aufputsch- und Suchtmittel meiden
  • genügend Schlaf

Der Artikel stammt aus: psychologie-aktuell.com http://www.psychologie-aktuell.com/news/aktuelle-news-psychologie/news-lesen/article/2014/03/17/1395058371-chronischer-stress-stoert-hormon-stoffwechsel.html

Die Berechenbarkeit sozialer Kontakte

Pro Tag haben wir mit durchschnittlich acht Menschen intensiveren Kontakt – durch persönliche Treffen, per Mail oder auch Telefon. Forscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und der University of Nebraska in Lincoln untersuchten unser Kontaktverhalten auf Gesetzmäßigkeiten. Sie fragten sich: Welche Faktoren beeinflussen die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts zwischen zwei sich bekannten Menschen? Und lässt sich vorhersagen, wen wir wann wiedertreffen? Für die Studie führten Probanden 100 Tage lang Tagebuch über alle ihre sozialen Interaktionen. Die Ergebnisse offenbaren systematische Strukturen in unserer sozialen Welt.

Morgens die Besprechung mit dem potenziellen Kunden, am späten Nachmittag dann der Geburtstagkaffee bei der Großtante und abends die wöchentliche Kinoverabredung mit dem besten Freund. Wir alle leben in einer komplexen Welt mit einem komplexen sozialen Netzwerk. Dazu zählen unter anderem Freunde, Partner, Familie, Nachbarn und Kollegen. Interessanterweise scheinen unsere Kontakte zu diesen Personen systematischen Dynamiken und Regelmäßigkeiten zu unterliegen. Dies fanden Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und der University of Nebraska in Lincoln heraus. Anhand des Musters vergangener Kontakte ist demnach gut vorhersagbar, wie wahrscheinlich es ist, dass wir mit einer bestimmten Person aus unserem sozialen Netzwerk an einem bestimmten Tag Kontakt haben werden.

In der Studie zeigte sich, dass diese Wahrscheinlichkeit einer Interaktion von bestimmten Faktoren beeinflusst wird. Insbesondere sind die Häufigkeit vergangener Kontakte und der Abstand zum letzten Kontakt wichtig: Wenn man jemanden häufig oder aber erst vor kurzem gesehen hat, ist ein baldiger erneuter Kontakt wahrscheinlich. Zudem spielt die Regelmäßigkeit vergangener Kontakte mit der Person eine Rolle. So sinkt die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Kontakts mit zunehmendem Abstand zum letzten schneller, wenn die vorherigen Kontakte nicht regelmäßig, sondern eher gehäuft innerhalb eines kurzen Zeitraums stattfanden — wie beispielsweise beim Zusammentreffen mit der Familie zu bestimmten Festtagen oder mit internationalen Kollegen auf Konferenzen. Diese Gesetzmäßigkeiten scheinen für persönliche Treffen ähnlich zu gelten wie für Kontakte über elektronische Medien.

Für ihre Untersuchungen ließen die Wissenschaftler 40 Probanden über einen Zeitraum von 100 aufeinander folgenden Tagen alle Kontakte mit einer Dauer von mindestens fünf Minuten in einem Tagebuch dokumentieren. Ebenso wurde aufgezeichnet, mit wem der Kontakt bestand und wie er stattfand – ob per Telefon, E-Mail oder durch ein Treffen. Außerdem notierten die Probanden, wer den Kontakt initiierte.

Die Auswertung der Forscher zeigt, dass die Probanden über den Zeitraum im Schnitt mit rund 77 verschiedenen Personen in intensiveren Kontakt standen – mit durchschnittlich acht davon pro Tag. „Die Kenntnis über frühere Begegnungen einer Person erlaubt es, zu berechnen, ob eine zukünftige Begegnung wahrscheinlich oder eher unwahrscheinlich ist“, sagt Thorsten Pachur, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Forschungsbereich „Adaptive Rationalität“ des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung.

Die Ergebnisse der Forscher geben Einblicke in die Gesetzmäßigkeiten einer scheinbar komplexen sozialen Umwelt. Interessanterweise scheinen ähnliche Gesetzmäßigkeiten auch bei Gedächtnisprozessen zu gelten. Beispielsweise werden jene Informationen, die erst vor kurzem das letzte Mal abgerufen wurden, mit höherer Wahrscheinlichkeit erinnert. Das Gedächtnis könnte somit auch zur Vorhersage zukünftiger sozialer Interaktionen verwendet werden. Dafür kann es nützlich sein, zuvor zu prüfen, wie rasch man Informationen über diese Person erinnern kann: Ist diese Person sehr präsent in unserem Gedächtnis, so ist ein baldiger erneuter Kontakt wahrscheinlich. Ganz nach dem Motto: Wir sehen uns wieder.

Der Artikel stammt von Kerstin Skork  aus: http://idw-online.de/de/news578248