Störungen bei Frauen
1. Erregungsstörungen
Unter dem Wort „Erregungsstörungen“ verstehen Sexualtherapeuten, dass die Scheide nicht oder nicht oder nicht ausreichend feucht wird und die damit verbundenen sexuellen Erregungsgefühle ausbleiben. Sie können auftreten, obwohl Lustgefühle empfunden werden. In aller Regel ist bei einer Erregungsstörung auch das intensive Orgasmuserleben mit betroffen. Es gibt aber auch Frauen, bei denen die Orgasmusfähigkeit nicht durch die Erregungsstörungen beeinträchtigt ist.
Dazu gibt es drei Unterteilungen der weiblichen Erregungsstörung.
Genitale Erregungsstörung
Manche Frauen beschreiben, dass sie selbst bei passender Stimulation keine oder nur geringe genitale Erregung empfinden. Wenn sie etwas spüren, dann eher in einer „gedämpften Form“. Es kann das Anschwellen der äußeren und inneren Genitale ausbleiben oder nur in minimaler Form stattfinden und in der Folge auch das Feucht-Werden (die Lubrikation) der Vagina.
Gleichzeitig können diese Frauen aber berichten, dass sie sich innerlich durch viele andere Einflüsse sehr erregt fühlen. Zum Beispiel durch Berührungen des gesamten Körpers, durch Küssen, Saugen an der Brust, verschiedene Sinneseindrücke, aber auch durch sinnliche Worte, das Gefühl großer emotionaler Nähe.
Subjektive Erregungsstörung
Andere Frauen berichten wiederum, dass sie zwar genital erregt und leicht feucht werden können, wenn sie passend stimuliert werden. Es fehlt ihnen aber dieses innere Aufgewühlt- und Erregt-sein oder sie empfinden es nur ganz minimal.
Gemischte Form der Erregungsstörung
Diese Frauen erzählen verzweifelt, dass sie oder ihr Partner alle möglichen Versuche unternehmen, damit sie sich erregt fühlt, aber sie sprechen weder genital, noch innerlich darauf an.
2. Orgasmusstörungen
Sie treten häufig in Verbindung mit Erregungsstörungen auf, können aber auch ohne Beeinträchtigung der Erregung auftreten. Die Frauen, die an diesen Symptomen leiden, sind sexuell erregungsfähig, kommen aber nicht über die Plateauphase der sexuellen Erregung hinaus.
Es ist anzumerken, dass höchstens die Hälfte aller Frauen immer oder fast immer beim Geschlechtsverkehr zum Orgasmus kommt, doch können nicht wenige Frauen multiple Orgasmen bekommen (was bei Männern selten der Fall ist). So leiden etwa 25 Prozent aller Frauen zumindest hin und wieder unter Orgasmusstörungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Bei Frauen, die beim Geschlechtsverkehr manchmal einen Orgasmus haben und manchmal
In den meisten Fällen werden Orgasmusstörungen bei Frauen durch psychische Gründe hervorgerufen. So kann es zum Beispiel vorkommen, dass die Frau nur bei einem bestimmten Partner keinen sexuellen Höhepunkt erreicht, es mit einem anderen Partner jedoch möglich ist. So sind nicht selten Probleme in der Partnerschaft für ein gestörtes Sexualleben verantwortlich.
Aber auch mangelnde Entspannung oder Stress im Arbeitsleben können sich störend auf die Orgasmusfähigkeit auswirken.
Manche Frauen setzen sich beim Sex auch zu sehr unter Druck. So finden sich die Betroffenen nicht begehrenswert oder empfinden Scham vor ihrem Partner. Mitunter sind auch die Ansprüche der Frau an sich selbst zu hoch.
Als weitere Ursachen kommen psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Traumen, die von der Frau in der Kindheit erlitten wurden, infrage. Wurden zurückliegende Vorkommnisse wie beispielsweise sexuelle Belästigung, Gewalt oder eine Vergewaltigung nicht in ausreichendem Maße verarbeitet, wirkt sich dies mitunter bis ins Erwachsenenalter aus.
3. Vaginismus
Es handelt sich hier um eine unwillkürliche, reflexartige Verkrampfung des Scheideneingangs und der Beckenbodenmuskulatur beim Versuch des Geschlechtsverkehrs. Die Verengung des Scheideneingangs ist so stark, dass der Penis nicht eingeführt werden kann Man unterscheidet daher in der Sexualmedizin zwischen dem primären und dem sekundären Vaginismus. Während der primäre Vaginismus bereits vor dem ersten Geschlechtsakt bei jungen Frauen, beispielsweise bei gynäkologischen Untersuchungen oder der Nutzung von Tampons, zu verzeichnen ist, tritt der sekundäre Vaginismus beispielsweise nach einer Geburt oder einer Operation auf. Die Verkrampfung an sich ist nicht schmerzhaft, und die sexuelle Lust und Erregung und auch die Orgasmusfähigkeit ist bei Frauen, die an Vaginismus leiden, nicht notwendigerweise beeinträchtigt.
Ursachen von Vaginismus
Die Ursachen von Scheidenkrämpfen liegen in der Regel, wie die von allen sexuellen Funktionsstörungen, sowohl im körperlichen als auch im psychischen Bereich verborgen, wobei die psychischen Ursachen überwiegen. Körperliche Hintergründe können im Bereich von Muskelfunktionsstörungen zu finden sein.
Typische Ursachen aus dem psychischen Bereich sind negative Sexualerfahrungen, beispielsweise in der Jugend durch eine zu frühe, zu extreme oder gewaltbelastete Begegnung mit Sexualität, aber auch antisexuelle Erziehung und Tabuisierung von Sexualität im Allgemeinen. Auch im späteren Leben gemachte negative Erfahrungen, die im Unterbewusstsein Schmerz mit dem Genitalbereich in Verbindung (z.B. eine traumatische Geburt) brachten, können sich in Form eines Vaginismus äußern.
Grundlegend ist Vaginismus als Abwehrreaktion zu betrachten, bei welcher der Körper verdeutlicht, dass er aus irgendeinem vorliegenden Grund nicht zum Geschlechtsverkehr bereit ist. Ohne Klärung der Ursache kann der Scheidenkrampf sich häufen oder zu einer regelmäßig auftretenden Symptomatik werden, die durch die Angst vor dem nächsten Scheidenkrampf noch verstärkt wird. Diese Ursache gilt es zu finden und gegebenenfalls mit Hilfe sexualtherapeutischer Unterstützung zu beheben.
4. Schmerzhafter Geschlechtsverkehr / Dyspareunie
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, die keine körperlichen Ursachen haben (wie z.B. Infektionen oder Vernarbungen nach Operationen), kann man entweder als leichte Form des Vaginismus sehen oder als Symptom von Erregungsstörungen aufgrund ausbleibendem Feuchtwerden der Scheide. Mögliche Ursachen können sein:
Körperliche
Der körperliche Allgemeinzustand hat Einfluss auf die Sexualität. Entsprechend können sich körperliche Erkrankungen, Operationen und Medikamenteneinnahme etc. auf die sexuelle Funktions- und Erlebnisfähigkeit auswirken. Es empfiehlt sich, eine diagnostische Einschätzung einzuholen, inwieweit die sexuelle Funktion durch körperliche Faktoren beeinträchtigt sein könnte. Ist der Befund positiv, konzentriert sich das psychosomatische Handeln auf die psychische Verarbeitung der sexuellen Behinderung. Bei negativem oder uneindeutigem Befund muss der Konflikt, der sich hinter dem Symptom verbirgt (Psychodynamik) ermittelt werden, d.h. also die verursachenden Faktoren und diejenigen Faktoren, die dazu führen, dass der Konflikt in Form des Symptoms aufrechterhalten wird.
Psychodynamik (der Konflikt hinter dem Symptom)
Die Sexualstörungen, denen keine rein körperliche Ursache zugrunde liegt, lassen sich krankheitstheoretisch entweder als Ausdruck unverarbeiteter psychischer Konflikte oder als Schwäche bzw. Störung der Struktur der Persönlichkeit betrachten. Der Umkehrschluss, dass unverarbeitete psychische Konflikte und Persönlichkeitsstörungen Ausdruck sexueller Konflikte sind, lässt sich nur dann machen, wenn man eine wesentliche Differenzierung einführt: Viele unverarbeitete psychische Konflikte und Störungen der Persönlichkeit beeinträchtigen die sexuelle Funktionsfähigkeit nicht, drücken sich aber im sexuellen Erleben aus. Beispielsweise ist bei angstneurotischen Patienten die sexuelle Funktionsfähigkeit wie bei anderen Menschen auch, das sexuelle Erleben ist aber besetzt von der Thematik der Angst. Das Thema des Verlustes nahe stehender Personen, das häufig der Angstneurose zugrunde liegt, führt häufig dazu, dass diese Patienten ihre Sexualität sehr anklammernd gestalten. Ihr zentraler Wunsch ist die Kontrolle des Partners, und die Sexualität wird als Bestätigung der unbedingten Nähe des Partners notwendig. Das sexuelle Verhalten und Erleben drückt den Konflikt aus, ist aber nicht seine Ursache. Das gilt für Neurosen (unverarbeitete psychische Konflikte, die zu Symptomen führen), Persönlichkeitsstörungen und psychosomatische Krankheiten allgemein.
Triebkonflikte
Sexuelle Symptome kann man als das Ergebnis eines Konflikts verstehen. Diesen Konflikt kann man vereinfacht folgendermaßen darstellen: „Triebwünsche können Angst auslösen. Diese Angst wird kompensiert, indem das Ich mit einem Verzicht auf die Sexualfunktion reagiert. Mit diesem Verzicht sind die Triebwünsche um ihre Realisierungschance gebracht und damit entschärft. Die Angst kann dann in dem Maß abnehmen, wie das Symptom sich verfestigt“ (Rudolf, 1996, S. 280).
Bei dieser Sichtweise haben die Symptome die Funktion, den psychischen Haushalt zu stabilisieren. Der vorrangige Gewinn, der durch die Symptome erreicht wird, ist die Verringerung der Angst.
Inhalt der Triebwünsche können Wünsche nach Eroberung und Hingabe sein, aber auch Versorgungswünsche oder Unterwerfungslust, sowie aber auch Impulse wie Enttäuschungswut oder stummer Ärger. Die Symptombildung wird aber nicht alleine durch den Inhalt der Triebwünsche beeinflusst, sondern auch davon, welches Ausmaß die Bedrohlichkeit dieser Wünsche für die einzelne Person hat.
Es ist ganz entscheidend zu verstehen, dass die sexuellen Symptome, durch Bindung der Angst, eine die Persönlichkeit stabilisierende Funktion haben.
Beziehungsängste
Sexuelle Symptome treten im Zusammenhang von sexuellen Beziehungen auf, d.h. sie sind Teil aufeinander bezogenen Handelns von Personen. Durch die Ausrichtung auf einen Partner können spezifische Ängste aktiviert werden, wie beispielsweise Scham, Unterlegenheitsgefühle, vor allem aber Ängste vor Hingabe. Häufig sind diese Ängste unbewusst: Sie sind es aber nicht notwendigerweise, denn von Patienten selbst wird gelegentlich geäußert, dass sie Schwierigkeiten haben sich hinzugeben und sich fallen zu lassen, ohne das das Orgasmuserleben schwer möglich ist.
Die Fähigkeit, sich hingeben zu können und diese Hingabe auch als lustvoll zu erleben, setzt eine relativ entwickelte Struktur der Persönlichkeit voraus. Bezogen auf die Sexualität bedeutet das, dass die eigenen oder die geäußerten Wünsche des Partners zunächst verarbeitet, kanalisiert und dann in Verhalten umgesetzt werden. Diese verzögernde, relativierende und an die aktuelle Situation angepasste Verarbeitung ist eine wichtige Funktion, die vor Überwältigungsgefühlen schützt und die teilweise Aufgabe der Kontrolle ermöglicht, ohne dass eine starke Angst vor dem Verlust der Autonomie oder sogar vor der Zerstörung aufkommt. „Patienten, die diese Ich-Funktion nicht genügend ausbilden und die Erfahrung, sich selbst schützen zu können, oder geschützt zu werden, nicht zuverlässig verinnerlichen konnten, müssen intime Nähe als potentielle Bedrohung erleben“ (Rudolf, 1996, S. 281).
Gewissensängste
Es ist möglich, dass sexuelle Wünsche von einer strengen moralischen Instanz, die verinnerlicht wurde (dem so genannten Über-Ich) zensiert werden. Für die Generation, die in einer liberalen Zeit ohne strenge moralische Restriktionen bezüglich der Sexualität groß geworden ist, spielt dieser „klassische“ Konflikt kaum mehr die Hauptrolle bei der Entstehung sexueller Symptome. Doch bei älteren oder stark an die Kirche gebundenen Patienten ist dieser Konflikt immer noch zu finden.
Paardynamik
Häufig hat auch der Partner, bei dem keine Symptome festzustellen sind, Anteil an der Störung. Tritt die Störung erst im Verlauf einer Partnerschaft auf, dann muss diese Möglichkeit immer bedacht werden. Wenn der eine Partner die Störung schon vor der aktuellen Partnerschaft hatte, kann es sein, dass er sich unbewusst einen Partner wählt, durch den das Symptom aufrechterhalten wird. Unterschwellige Konflikte zwischen den Partnern sind schwerer zu durchschauen als Machtkämpfe und offene Feindseligkeit. Die Dynamik unterschwelliger Konflikte hat Willi mit seinem Kollusionsmodell (1975) dargestellt. Kollusion bezeichnet das Zusammenspiel der beiden Partner in einem gemeinsamen Grundkonflikt. Nach außen scheint ihr Verhalten völlig gegensätzlich (z.B. opfert der eine Partner alles für die Zweisamkeit, während der andere nach Autonomie strebt), doch ist das Verhalten beider Partner das Ergebnis der Abwehr eines gemeinsamen Konfliktes. Jeder der Partner übernimmt eine Seite des Konfliktes und übergibt die andere Seite an den Partner, an dem er sie bekämpft. Wichtig ist daher immer, daran zu denken, dass der Partner ohne Symptome eventuell ein Interesse an der Störung des anderen haben könnte, auch wenn er sich nach außen über diese Störung beklagt.
Selbstverstärkungsmechanismus
Ist eine Störung chronisch, läßt sich immer ein Selbstverstärkungsmechanismus erkennen, der das Symptom aufrechterhält, ohne dass die ursprüngliche Ursache für das Symptom noch wirksam wäre.
„Das Auftreten eines Mißerfolgs oder einer sexuellen Frustration wird ängstlich für die nächste sexuelle Situation vorweggenommen und schafft einen Erwartungsdruck, der seinerseits erst recht zum befürchteten Resultat führt. Gerade bei sexuellen Symptomen ist dann eine unentrinnbare Selbstbeobachtung festzustellen“ (Rudolf, 1996, S. 281).
Therapie
Entscheidend für die Wahl der Therapie ist, ob die Behandlung besser allein oder mit beiden Partnern als Paartherapie durchgeführt werden soll.
Bei Störungen, die die sexuelle Funktionsfähigkeit betreffen, gilt prinzipiell, dass die symptomorientierte Paartherapie Erfolg versprechender ist. „Da sexuelle Störungen immer auch Störungen der sexuellen Interaktion mit einem Partner sind, ist es sinnvoll, die sexuelle Interaktion zum Fokus der Therapie zu machen. Das ist das Prinzip der Paartherapie nach Masters und Johnson. Voraussetzung ist, dass der Partner bereit ist, das sexuelle Problem als auch ihn selbst betreffend zu sehen. Außerdem muss der wegen der Symptome nachsuchende Partner seinerseits daran interessiert sein, das Problem in der gegenwärtigen Partnerschaft zu lösen. Schließlich sollten keine akuten Trennungsprobleme im Vordergrund stehen“ (Rudolf, 1996, S. 282).
Wenn der Patient nicht sehr auf das Symptom fixiert ist, sondern das Symptom eher eine Facette eines unverarbeiteten psychischen Konflikts oder einer Persönlichkeitsstörung darstellt, ist eine Einzeltherapie sinnvoller, die sich aber nicht wesentlich von anderen Behandlungen psychischer Konflikte unterscheidet. Einzeltherapien, bei denen der Patient stark auf sein sexuelles Symptom fixiert ist, haben schlechte Erfolgschancen.
Gerne behandle und begleite ich sie sexual- und psychotherapeutisch bei: jeglicher Form von Sexualstörung, wie zum Beispiel: Erektionsstörung, Ejaculatio praecox (vorzeitiger Samenerguss), Frigidität, sexuelle Dysfunktion, sexuelle Unlust, sexuelle Schüchternheit, sexuelle Peinlichkeit, sexuelle Unerfahrenheit, Pornosucht, sexuelle Versagensängste oder generelle sexuelle Ängste, sexueller Leistungsdruck, Orgasmushemmung, gynäkologische Psychosomatik, Vaginismus (Scheidenkrampf), unklare Schmerzen bei Verkehr, Dyspareunie, Orgasmusstörung, sexueller Missbrauch, sexuelle Lustlosigkeit (Libidoverlust), sexuelle Praktiken (Bonding, SM, Fetische) verschiedene sexuelle Ausrichtungen, sexuelle Reifungskrisen, Homosexualität und Transsexualität.