Träume

Träume sind keine beabsichtigten und willkürlichen Erfindungen, sondern natürliche Phänomene, die nichts anderes sind, als was sie darstellen. Sie täuschen nicht, sie lügen nicht, sie verdrehen und vertuschen nicht, sondern verkünden naiv das, was sie sind und meinen. Sie sind nur darum ärgerlich und irreführend, weil wir sie nicht verstehen. Sie wenden keine Kunststücke an um etwas zu verbergen, sondern sagen das, was ihren Inhalt bildet, in ihrer Art so deutlich wie möglich. Wir vermögen auch zu erkennen, warum sie so eigentümlich und schwierig sind: die Erfahrung zeigt nämlich, dass sie stets etwas auszudrücken bemüht sind, was das Ich nicht weiß und nicht versteht. Ihr Unvermögen, noch deutlich zu sein, entspricht der Unfähigkeit des Bewusstseins, den fraglichen Punkt zu verstehen oder verstehen zu wollen. ( C.G. Jung GW XVII, S 121 )

Oder auch anders Formuliert: „Träume sind die Antworten auf Fragen, die wir uns in der Realität nicht stellen trauen.“

Nicht alle Träume sind von gleicher Wichtigkeit. Schon die „Primitiven“ unterscheiden „kleine“ und „große“ Träume. Wir würden etwa sagen „unbedeutende“ und „bedeutende“ Träume. Genauer gesehen sind die „kleinen“ Träume die allnächtlichen Phantasiefragmente, die der subjektiven und persönlichen Sphäre entstammen und Sich hinsichtlich ihrer Bedeutung in der Alltäglichkeit erschöpft. Deshalb werden solche Träume auch leicht vergessen, weil eben ihre Gültigkeit nicht weiter reicht als die täglichen Schwankungen des seelischen Gleichgewichtes. Bedeutungsvolle Träume dagegen werden oft ein Leben lang im Gedächtnis bewahrt, und nicht selten bilden sie das Kernstück in der Schatzkammer seelischer Erlebnisse. (C. G. Jung GW VIII, S.320)

Schreiben

Sich Sorgen, Gedanken, Probleme von der Seele zu schreiben wird jeder von uns kennen und vielleicht selbst schon fallweise erfolgreich angewendet haben. Oft ist es eine Erleichterung Gedanken niederzuschreiben, loszuwerden oder den ungeordneten Gedanken welche oft vor dem Einschlafen im Bett auftauchen, eine Struktur auf einem Blatt Papier zu geben und sie so vor dem Einschlafen abzulegen. Es gibt ja auch die schöne und wahre Redewendung: „ Ich schreibe mir alles von der Seele.“ Gerade junge Menschen schreiben oft und regelmäßig ihre Tageserlebnisse, Gefühle, Träume und Visionen in ihre Tagebücher nieder, so reflektieren sie nochmals den zu Ende gehenden Tag mit all seinen schönen und unangenehmen Augenblicken. Besonders bei Menschen mit unterschiedlichen Stimmungsschwankungen und Menschen welche schwer ihre Gedanken ordnen können, aber auch bei Menschen, denen es schwer fällt Gefühle in Worte zu fassen, ist das niederschrieben eine bewerte Technik sich mit sich selbst auseinander zusetzen und dadurch die Möglichkeit zu haben mehr über sich selbst zu erfahren und auch oftmals innerlich ruhiger zu werden.

Das Schreiben eines Abschiedsbriefes beim Beenden einer Beziehung, beim Tod eines Angehörigen oder bei der Aufkündigung einer Freundschaft stellt ein Ritual dar, welches es uns erleichtern kann, die Trennung von einem lieben Menschen leichter zu verkraften und abzuschließen. Das Ziel bei all diesen oben angeführten Beispielen ist in ihrer Grundüberlegung immer das gleiche: es geht darum, leichter seine eigene innere Mitte zu finden, ruhiger und ausgeglichener zu werden, aktuelle Situationen zu reflektieren, eigene Gefühle zuzulassen, sich mit sich zu beschäftigen und schlussendlich der unbewussten Seite die Möglichkeit zu geben, sich über das Schreiben auszudrücken und zu artikulieren um somit seine innere Stimme besser wahrnehmen zu können.

Malen

hoehlenHöhlenmalereien von Lascaux
Rund 15 000 Jahre alt sind die 1940 bei Lascaux im französischen Departement Dordogne in einem Höhlensystem entdeckten prähistorischen Felsmalereien. Die Malereien zeigen größtenteils Tiere wie Ochsen, Pferde und Steinböcke, die von geometrischen Figuren, deren Bedeutung unbekannt ist, umgeben sind. In der großen Höllenhalle sind die Tierdarstellungen über fünf Meter lang. Bemerkenswert ist auch die Einzeldarstellung eines Mannes, der einen Stier erlegt hat.

Sicher wird es viele unterschiedliche Interpretationsformen geben, was diese frühen Felsenbilder zu bedeuten hatten und warum sie gemalt wurden ? Dies alles sollte Sie jetzt nicht beschäftigen, dieses Beispiel sollte Ihnen einfach dabei helfen zu verstehen, dass das selbst gemalte Bild seit jeher eine sehr gute Entfaltungsform und ein einfache aber effizientes Kommunikationsmittel unseres Unbewussten in die bewusste Welt des Malers darstellt. Jeder von uns hat als Kind lange Zeit bevor er schreiben, lesen oder rechnen konnte gemalt, daher ist es doch nur all zu gut verständlich, dass das Malen oder die Bildersprache die Grundform der Kommunikation schlechthin darstellt, welche wir leider im Laufe unseres Erwachsenenlebens immer mehr in den Hintergrund drängen und somit vergessen, diese Fähigkeit bewusst einzusetzen.

Durch das Malen von Bildern z. Bsp. Mandalas, findet man in der Regel leichter zu seiner Ruhe, Ausgewogenheit und inneren Mitte zurück. Ferner könnte durch das Malen von Bildern Symbole entstehen, die bei genauerer Betrachtung Problemlösungen für bestimmte aktuelle schwierige Situationen aufzeigen. Oft sind selbstgemalte Bilder gleichfalls ein aktueller und unverfälschter Spiegel der eigenen Seele, die sowohl für den PsychotherapeutenIn, als auch für den Maler viele zum Teil unbewusste und somit verborgene Botschaften mit sich führen. Weiters ist es durchaus sinnvoll und daher anzuraten, einen bestimmte Traumsequenz von einem „wichtigen“ Traum zu malen, denn je mehr sich der Träumer auch kreativ mit dem Traum auseinandersetzt, desto leichter wird der Traum vom Träumer verstanden und richtig interpretiert.

Imagination

Die Imagination ist eine wichtige therapeutische Methode der Analytischen Psychologie, mit deren Hilfe seelische Stimmungen und andere Inhalte des Unbewussten behandelt werden. Im Unterschied zum Träumen, das dem Menschen widerfährt, setzt sich das Ich bei der Imagination aktiv mit den inneren Bildern und Phantasien auseinander. Diese Methode eignet sich besonders dazu, Affekten und anderen beängstigenden Gefühlen in Bilder Ausdrucksmöglichkeiten zu geben. (Lexikon Jungscher Grundbegriffe)

Zur besseren Erklärung sei kurz C.G. Jung zitiert: „Bei der aktiven Imagination kommt es darauf an, dass Sie mit irgendeiner Bildvorstellung beginnen,…. betrachten Sie das Bild und beobachten Sie genau, wie es sich zu entfalten oder zu verändern beginnt. Vermeiden Sie das Bild in eine bestimmte Form zu bringen, tun sie einfach nichts – warten Sie ab, welche Wandlungen spontan und ohne Ihr aktives zu tun eintreten. Jedes seelische Bild, dass sie auf diese Weise beobachten wird sich früher oder später umgestalten.“

Symbole

C.G. Jung sieht die Symbole als Energietransformatoren des psychischen Geschehens und des seelischen Lebens des Menschen. Er unterscheidet das Zeichen welches immer weniger Gehalt voll als der Begriff ist für den es steht, während das Symbol mehr enthält, als man auf den ersten Blick erkennen kann. Symbole sind nach C.G. Jungs Auffassung natürliche und spontane Erscheinungen, die man nicht erfinden kann, sondern die im Zuge manchmal von Jahrhunderten aus sich selbst entstehen. Im Traum treten Symbole hingegen spontan auf, den Träume geschehen, sie werden nicht erfunden, sie stellen daher die Hauptquelle unserer Symbolkenntnis da. Aus: Symbole und Traumdeutung, Jung

Um die Kraft und die Bedeutung der Symbole auf uns Menschen und auf unser Unbewusstes besser zu verstehen, ist es nötig, kurz die wesentlichen vier grundlegenden Bedeutungen welches die Symbole so wichtig für uns machen zu erörtern.

1.) Bildhaftigkeit
Ein Symbol ist ein „stehendes Bild“, das in sich die verschiedensten Wesensmerkmale vereinigt. Im Unterschied zu „laufen den Bildern“ (wie z.B. im Kino, Fernsehen) ist dem Symbol die wesentliche Aussage in einem einzigen Bild zusammengefasst.

2.) Psychodynamik
Unter der Psychodynamik verstehen wir in die Tiefepsychologie die Antriebskräfte der Seele so wie die verborgenen Beweggründe des Herzens. Die Bilder (Symbole) bilden die innere Wirklichkeit ab und setzen uns ins Bild über bisher unbekannte Seiten unserer Person. Da ein Symbol immer aus den Tiefen des menschlichen Unbewussten aufsteigt, ist es angereichert mit einem Empfinden von Numinosität, welche zur Psychodynamik und Wirkung des Symbolbildes auf den Betrachter führt.

3.) Symbolbildung
Der Psyche des Menschen wohnt die Fähigkeit zur Symbolbildung inne. Diese Funktion ist ein wichtiger Ausdruck für das gesunde und normale Seelenleben. Ein lebendiges Symbol stellt ein wesentliches Stück unseres unbewussten Seelenlebens daher und verbindet uns daher, mit den tieferen Beweggründen unserer Seele und Person. Die Fähigkeit des Menschen zur Symbolbildung ist besonders in therapeutischer Hinsicht von grundlegender Bedeutung.

4.) Ganzwerdung
Die therapeutische Funktion der Symbole dient letztlich der Ganzwerdung (Ausgewogenheit) der Person. Dies ist nach C.G Jungs Auffassung, der allgemeine menschliche Auftrag unseres Lebens und geht weit über den ärztlichen und psychotherapeutischen Bereich hinaus. Daher wird die Ganzwerdung gefördert durch archetypische Bilder und Symbole, die das Bewusstsein und das Ich mit dem Selbst verbinden. Besonders Kreissymbole oder Vierecke sog. Mandalas drücken den unbewussten Wunsch eines ganzheitlichen Lebens und den Wunsch nach Ganzwerdung der Psyche aus. Aus: Lexikon Jungscher Grundbegriffe, Walter Verlag, H. Hark

Rituale

In jeder Gesellschaft besteht das Leben eines Individuums darin, nacheinander von einer Alters- und Entwicklungsstufe zur nächsten (Geburt, Taufe, Kleinkindalter, Schuleintritt, Pubertät, Adoleszenz, Ehe, Schwangerschaft, Elternschaft, Geburtstage, Trennungen, Trauer,) von einer Tätigkeit zu anderen überzuwechseln. Immer zwischen Alters- und Tätigkeitsgruppen unterschieden wird, ist der Übergang von einer Gruppe zur anderen von speziellen Handlungen begleitet, wie sie etwa der Lehre bei unseren Handwerksberufen entspricht. Bei den halbzivilisierten Völkern sind solche Handlungen in Zeremonien (Rituale) eingebettet, da in der Vorstellung der Halbzivilisierten keine einzige Handlung ganz frei von Sakralem (religiösen – göttlichen) ist. Jede Veränderung im Leben eines Individuums erfordert teils profane (weltlich), teils sakrale Aktionen und Reaktionen, die reglementiert und überwacht werden müssen, damit die Gesellschaft als Ganzes weder in Konflikt gerät noch Schaden nimmt. Es ist das Leben selbst, dass die Übergänge von einer Gruppe zur anderen und von einer sozialen Situation zu anderen notwendig macht. Das Leben eines Menschen besteht somit in einer Folge von Etappen, deren Inhalt- und Anfangsphasen einander ähnlich sind. Geburt, soziale Pubertät, Elternschaft, Aufstieg in eine höhere Klasse, Tätigkeitspezialisierungen. Zu jedem dieser Ereignisse gehören Zeremonien (Riten), deren Ziel identisch ist: Dem Menschen aus einer genau definierten Situation in eine andere, ebenso genau definierte hinüberzuführen.

In den letzten Jahrzehnten unserer schnelllebigen Gesellschaft wurde und wird immer mehr auf Übergangs-, Initiations-, Opfer-, Wandlungs-, Sterbe- oder Trennungsrituale vergessen oder bewusst verzichtet. Dies kann zu einer Verrohung unserer Psyche führen, so dass verschiedene Lebensabschnitte sich leichter vermischen und ein bewusster Aus- und Neueinstige aus dem alten und in den neuen Lebensabschnitt für viele Menschen nicht immer leicht psychisch zu verarbeiten ist.

Märchen und Mythen

Märchen

In der Analytischen Psychologie betrachten wir das Märchen als symbolische Darstellung von allgemeinmenschlichen Problemen und von möglichen Lösungen dieser Probleme. Das Märchen handelt immer von etwas, das den Fortgang des Lebens bedroht – meistens dargestellt in der Ausgangssituation des Märchens und es zeigt, welcher Entwicklungsweg aus diesem Problem heraus und in eine neue Lebenssituation hineinführt. Wir wissen alle, dass dieser Entwicklungsweg in sich jeweils auch noch Unwege, Gefahren, Scheitern usw. birgt. Das sind, jetzt übersetzt, Gefahren, die uns auf unseren Entwicklungswegen genauso drohen wie den Helden im Märchen. Wir betrachten den Helden gleichsam als Modellfigur, der durch sein Verhalten eine Problemsituation aushält und den Weg beschreitet, der nötig ist, um das Problem zu lösen. (Verena Kast, Mann und Frau im Märchen, 1999)

Mythen

Es gibt in der menschlichen Seele nach C.G. Jungs Auffassung ein tiefes Bedürfnis nach mythischen Anschauungen und Bildern. Tiefenpsychologisch betrachtet werden die Mythen nicht bewusst ausgedacht, sondern sie entstanden spontan wie unsere Träume. Wenn ein Mensch sich auf innere Erfahrungen seines Seelenlebens einlässt, wird seine Phantasietätigkeit angeregt und lebendig, was wiederum zur Projektion von Bildern, Träumen und mythischen Anschauungen führt. Die Mythen sind nichts anderes als psychische Manifestationen, die das Wesen der Seele darstellt. (Lexikon Jungscher Grundbegriffe)

Der Mythos setzt sich jedoch aus Symbolen zusammen, die nicht erfunden wurden, sondern einfach geschehen sind. (Jung GW 18/I, § 658)